UPDATE 2023: Kielbrust (pectus carinatum)

Die Kielbrust gehört gegenüber der Trichterbrust zu den selteneren Thoraxdeformitäten. Dabei wölbt sich das Brustbein abnorm über die fordere Brustkorboberfläche. Das Brustbein besteht aus zwei Bereichen, dem Manubrium und dem Corpus (o. Gladiolus). Falls der Manubrium-Teil vorgewölbt ist, spricht man von einer „Chondromanubrialen Form“, falls der Körper des Brustbeins abnorm angehoben ist von einer „Chondrogladiolaren Form“. 

Die Kielbrust entwickelt sich später als die Trichterbrust und kommt besonders deutlich während des Wachstums in der Pubertät zum Tragen. Knaben sind, gleich wie bei der Trichterbrust, 4-mal so häufig betroffen wie Mädchen. Die mit Abstand häufigste „Chondrogladioläre Form“ findet sich bei 95% der Patienten mit Kielbrüsten (rot markiert).

Kielbrust Update 2023

Den Deformitäten gemeinsam ist ein verstärktes Wachstum der knorpeligen Rippenanteile. Dabei fokussiert sich das Problem scheinbar auf die Statik und die Flexibilität des Brustbeines. Das Brustbein hat eine knorpelig – bindegewebige Verbindung zwischen Manubrium und Korpus, die sich im Gegensatz zu den weichen Verbindungen zwischen den Knochenkernen des Körpers, auch beim Erwachsenen nicht schließt. Die Kochenkerne des Brustbeinkörpers verschmelzen miteinander mit Ende des Wachstums (um das 18. Lebensjahr). Dies wird als sogenannte natürliche Ossifikation bezeichnet. Ein zu weiches und zu steifes Brustbein (Ossifikationszeiten) bedeutet eine veränderte Statik und veränderte – nämlich zu niedrige – innere Rippenknorpel-Druckbedingungen in Bewegung (Atmung etc.) und führt zum Wachstum in den angrenzenden Rippenknorpeln durch Produktion und Ablagerung von Knorpelzwischenzell-Substanz. Das führt zu einer Rippenknorpelverlängerung. Letztere ist deutlich auch intraoperativ bei Rippenknorpelresektionen erkennbar.

Abgesehen von der veränderten Statik und der Flexibilität des Brustbeins, werden Kieldeformitäten Bei Bindegewebserkrankungen, wie dem Marfan-Syndrom, Ehlers–Danlos–Syndrom oder den seltenen Mukopolysaccharidosen (Speicherkrankheiten von Zwischenzellsubstanz) beschrieben.

Die Kieldeformität kann auch gemeinsam mit einer Trichterbrust auftreten (sogenannte horizontal ausgerichtete/symmetrische Kiel-Trichterdeformität), wobei die Vorwölbung im Manubriumbereich und der Trichter im Corpusbereich des Sternums vorliegt (siehe Curraino–Silverman–Syndrom). Asymmetrische Kieldeformitäten sind in vertikaler Ausrichtung auf eine Körperhälfte beschränkt. Hier kann es zu einer vertikalen Verdrehung des Brustbeines kommen, so dass auf der anschließenden – gegenüberliegenden – Körperhälfte eine Einsenkung zustande kommt (asymmetrische Kiel-Trichterdeformität).

Trichterbrust Update 2023

Bei der einfachen symmetrischen Kielbrust ohne gleichzeitig kombinierte Trichter-/bzw. Rinnenbildung steht, neben den periostalen/perichondralen Dehnungs- und Berührungsschmerzen der kosmetische Aspekt im Vordergrund und wird als stark psychisch belastende Beeinträchtigung mit Absenkung der Lebensqualität empfunden. Dazu kommt auch das unangenehme Gefühl bis hin zu Schmerzen in der Bauchlage auf härterem Untergrund. Die Herzleistung und die die Atemmechanik sind in der Regel nicht krankhaft eingeschränkt.

Anders kann sehr wohl bei der Kiel-Trichterdeformität ein Druck auf die Organe im Brustkorb (Herz, Lunge) ausgeübt werden. Ursächlich dafür ist die Einsenkung anzusehen, also die gleichzeitig druckausübende und verdrängende Trichterbildung. Die manchmal geäußerte Meinung, dass sich Thoraxdeformitäten auswachsen oder mit „mangelhafter Ernährung zusammenhängen“ (Vit.D etc.) würden ist unzutreffend.  

Therapie:

Die Kielbrust kann einerseits mit einem Mieder/Pelotten/Korsett konservativ behandelts werden. Dabei wird ein längerfristiger Druck auf die atypisch vorgewölbte Brustwand angewendet. Die Kompressions-Behandlung muss präbuertär (11-13a) täglich über viele Stunden (10-20h Kang et.al.) zur Anwendung kommen und der Erfolg hängt leider wesentlich von der Compliance (Duldung der Prozedur) des Patienten ab.

In der Regel wird besonders bei höhergradigen Formen die operative Korrektur notwendig sein. Das Verfahren nach Abramson (2005), wo ein Stahlbügel zur druckverursachten Absenkung des Brustbeines eingepflanzt wird, konnte sich nicht als „State of the Art Procedure“ universell in der chirurgischen Welt durchsetzen.

Als „Golden Standard“ bleibt die endo-perichondrale Resektion der zu lang gewachsenen Rippenknorpel, die horizontale Brustbeinkerbung (partielle Schlitzosteotomie) und die Straffung der belassenen (!) Perichondriumschläuche (Ravitch/Welsh). Hier findet kein Stahl-Implantat mit zusätzlichen Stahl-Platten Anwendung, die womöglich verschraubt und verdrahtet werden müssen. Es ist jedoch wesentlich den Zeitpunkt der Operation spät postpubertär zu wählen, wo die Wachstumsvorgänge im Auslaufen sind. Man kann den Zeitpunkt anhand dem Verschmelzungsgrad der Knochenkerne im Brustbein festlegen.

Trichterbrust Update 2023

Die komplette Ausheilungsphase beträgt auch hier etwa 1-2 Monate bis alle üblichen Sportarten wieder – nach ärztlicher Kontrolle – möglich sein sollten.

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